Franz Schubert zum 225. Geburtsjahr

So, 24.07.2022 - 19 Uhr - Dr.-Sieber-Halle, Sinsheim

Sinfonie „Die Unvollendete“

Messe Es-Dur

Aus „Die Winterreise“:
Gute Nacht
Der Lindenbaum
Der Leiermann

An die Musik

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Ausführende:

Clémence Boullu, Sopran  
Claudia Hügel, Alt           
Martin Erhard,Tenor
Gerhard Schramm,Tenor
Gideon Henska, Bass

Heidelberger Kantatenorchester
Werner Freiberger, Klavier
Vokalensemble Sinsheim

Dirigent: Erwin Schaffer

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Franz Schubert zum 225. Geburtsjahr

Franz Schubert (1797-1828) wurde nur 31 Jahre alt, sein Œuvre aber ist riesig, da er nichts anderes sein wollte als Komponist: „…ich bin für nichts als das Componieren auf die Welt gekommen." Er schuf über 600 Kunstlieder, Sinfonien, zahlreiche Klavier- und Kammermusik, sowie Chormusik in weltlicher und geistlicher Ausprägung und vieles mehr. Dass er zu Lebzeiten keine großen Erfolge hatte, lag nicht daran, dass man die Genialität seines kompositorischen Geistes nicht erkannt hätte, sondern an seiner Abneigung, die Öffentlichkeit zu suchen, zudem konnte und wollte er sich nicht mit Kirche und Staat arrangieren. Geld hatte er keines, nicht mal ein eigenes Klavier. So schreibt er 1826 an seinen Freund und Librettisten Eduard von Bauernfeld: „Ich kann nirgendwo hinkommen, ich habe GAR kein Geld, und es geht mir überhaupt sehr schlecht.“ Außerdem plagten ihn ständig gesundheitliche Probleme. Allein im engen Freundeskreis blieb er aufgehoben und erfuhr Anerkennung.

Schuberts Geburtsjahr von 1797 liegt in der klassischen Epoche (Beethoven ist da 27 Jahre alt, und schließlich er überlebt diesen lediglich um ein Jahr), aber er vollzieht mit seiner Kunst den entscheidenden und begründenden Schritt in die musikalische Romantik. Sein Rang in der Musikgeschichte ist deshalb einzigartig und unbestritten.

Unser Konzert will mit der Programmauswahl etwas von dieser Stellung Schuberts wiedergeben und damit auch etwas aufzeigen, das den ganzen Menschen Franz Schubert erkennen lässt.

"Eine Straße muss ich gehen, die noch keiner ging zurück."
Diese Worte von Wilhelm Müller vertonte Schubert ein Jahr vor seinem Tod In seinem Liederzyklus „Die Winterreise“ (1827) in „Der Wegweiser“.
Seit der Ansteckung mit Syphilis im Winter 1822/23 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand mehr und mehr. Aber ob er wirklich sein nahendes Ende vor Augen hatte? Sicher gibt die „Winterreise“ einen Blick in sein Inneres preis: Schmerz, Verlassenheit, Einsamkeit und Tod sind die Seelenzustände eines Wanderers, der am Ende nichts als Erstarrung findet. Erlösung gibt es nur im Tod.
Seine kompositorische Schaffenskraft aber ist ungebrochen. Neben Klaviersonaten und der 9. Sinfonie in C-Dur anderem schreibt er ein großes, helles und feierliches Amt voller Hingabe und Glaube an die göttliche Ordnung und Erlösung: die Messe Es-Dur (1828).

Ende des Jahres 1822 arbeitete Schubert an einer Sinfonie, die nur in zwei Sätzen überliefert ist und deshalb als „Die Unvollendete“ in die Musikgeschichte einging: ein rätselhafter Torso in der bis dahin bei Sinfonien ungewöhnlichen Tonart h-Moll und einem Beginn, dessen düstere und bedrohliche Klänge sich erst nach und nach in eine hellere Atmosphäre emporwinden, die aber trotzdem immer trügerisch bleibt. An den Maler Leopold Kupelwieser schreibt er kaum ein Jahr später: „Ich fühle mich als den unglücklichsten, elendsten Menschen der Welt“, die Anzeichen der Syphilis waren unverkennbar.

Franz Schubert ein an den Lebensumständen Gescheiterter?
Sicherlich ist er in diesem Sinne nicht ein vom Schicksal begüterter und geförderter Mensch gewesen. Dabei dürfte auch seine Stellung beim Übergang von der klassischen Epoche zur romantischen mit der Neuorientierung des künstlerischen und menschlichen Selbstverständnisses eine kausale Rolle gespielt haben und seine oben erwähnte Scheu, das Licht der Öffentlichkeit zu suchen.
Unbestritten sind seine musikalischen Ausprägungen und Wirkungen auf seine Nachfolger, die bisweilen in die Spätromantik hineinscheinen. Dass er sein Leben vollkommen und unabdingbar der Kunst unterordnete, war für ihn Segen und schmerzliches Schicksal zugleich.
Und so schließen wir unser Programm letztendlich mit seinem Lied „An die Musik“: ein Hohelied an die Kunst, die ihn aus des „Lebens wildem Kreis“ herauslöst und ihn „in eine bess’re Welt entrückt“.

Erwin Schaffer